Archive for Mai 2009

Alkohol exklusiv für Autofahrer

27. Mai 2009

Wer nachts an Autobahnen und Straßen seinen Alkoholpegel auffrischen will, muss mit dem Auto kommen: Nur Kraftfahrer und deren Begleiter im Fahrzeug dürfen sich außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten an einer Tankstelle mit Bier und Schnaps versorgen – zumindest in Rheinland-Pfalz. Für alle übrigen potentiellen Trinker gilt dort in dieser Zeit in den „Rund-um-die-Uhr“-Geschäften hinter den Zapfsäulen ein absolutes Verkaufsverbot. So eine aktuelle Entscheidung des Koblenzer Oberverwaltungsgerichts (Az. 6 A 11324/08).

nachzulesen im Newsletter der deutschen Anwaltshotline.
Man will damit Alkohol-Partys von Jugendlichen auf Tankstellengelände verhindern, berücksichtigt dabei freilich nicht, dass diese zu ihren Partys häufig mit Auto angefahren kommen, und andererseits nicht, dass „1 Liter zwischen 8 und 14 Volumenprozenten“ ein bisschen über den Reisebedarf eines Autofahrers liegt, der die Promillegrenze einhalten will.

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Neuer Sozialismus?

26. Mai 2009

Eine neue Art von Kollektiv sieht Kevin Kelly im Internet entstehen. Mal wieder wird Wikipedia als Beispiel herangezogen.
Die Argumentation scheint mir nicht ganz überzeugend; aber ich müsste ihr noch genauer nachgehn.

Stillstand

25. Mai 2009

Ich bin nicht schuld. Es war nicht meine Behauptung, Host Köhler sei lernfähig, die ihm die zweite Amtszeit gebracht hat.
Weitere fünf Jahre werden vom Staatsoberhaupt keine Anregungen ausgehen. Aber da er gutwillig und lernfähig ist, steht zu hoffen, dass er zumindest keine weiteren antidemokratischen Parolen verkünden wird.
Angesichts der Konstellation in der Bundesversammlung hatte ich mir keine Hoffnung gemacht.
Aufrüttelndes werden wir in den nächsten Jahren von einem Staatsoberhaupt wohl nur aus Amerika zu hören bekommen. Aber Horst Köhler wird wohl nie wieder so menschnrechtswidrige Sätze sagen wie „Angesichts der Lage auf dem Arbeitsmarkt brauchen wir in Deutschland jetzt eine politische Vorfahrtsregel für Arbeit. Was der Schaffung und Sicherung wettbewerbsfähiger Arbeitsplätze dient, muss getan werden. Was dem entgegensteht, muss unterlassen werden. Was anderen Zielen dient, und seien sie noch so wünschenswert, ist nachrangig.“ (in seiner Rede vom 15.3.2005) (vgl. meinen Kommentar)
Ich wiederhole, was ich damals über Köhler geschrieben habe: „Horst Köhler ist ein sympathischer, wohlmeinender Mann, und er hat die Regeln des IWF wohl begriffen. Er hat auch begriffen, was gut beim Publikum ankommt. Worauf es in der Demokratie ankommt, wird er hoffentlich auch noch lernen.“
Vier Jahre darauf bleibt die Hoffnung bestehen. Leider besteht wenig Anlass dafür.

Wachstum

24. Mai 2009

Bei der Diskussion um die Agenda 2010 im 2002 und 2003 wurde das Gespenst einer Gefährdung Deutschlands beschworen, wenn es nicht gelänge, zwei bis drei Milliarden Sozialkosten zu sparen.
Inzwischen werden in wenig Tagen 500 Milliarden Euro bewilligt, um Banken zu stützen, deren Beitrag zum Ganzen darin bestand, das Gesamtsystem in die Krise zu steuern. Man erkennt an dieser Summe übrigens, dass das Wachstum ohne Obergrenzen nicht nur eine
abstrakte Vorstellung darstellt, sondern ungehindert politisches Alltagshandeln bestimmt.
Ist es Wahnsinn, so hat es, mit Shakespeare zu reden, doch Methode. Und hat es Methode, so bleibt es dennoch Wahnsinn.

So schreibt Bernhard Taureck in seinem heutigen Beitrag für den Süddeutschen Rundfunk „Wachstum über alles – die Karriere eine Metapher
Dass diese Aussage mich angesprochen hat, kann man verstehen, wenn man weiß, dass ich mich im September 2008 auch auf Shakespeares Rede vom Wahnsinn mit Methode bezogen habe, als ich von den Managern sprach, die uns in die Finanzkrise geführt haben, und dass das Wort Wahnsinn mir in dem Kontext wiederholt eingefallen ist.
Grenzenloses Wachstum führt zu totalem Zusammenbruch. Darauf habe ich hier ebenfalls wiederholt hingewiesen.
Taureck Überlegungen stehen aber im Kontext längeren philosophischen Nachdenkens über die Wirkung von Metaphern. (B. Taureck: Metaphern und Gleichnisse in der Philosophie, Frankfurt/Main: Suhrkamp 2004). Deshalb lohnt es, seinen vollständigen Aufsatz nachzulesen.

Neue Internetökonomie?

16. Mai 2009

Ein Werk kann kommerziell lizenziert und gleichzeitig in der freien Ökonomie vorhanden sein. Wenn dieses nicht der Fall sein sollte, dann gäbe es keine Musikindustrie mehr: Trotz des Kriegs gegen Filesharing ist im Prinzip jedes einzelne Musikstück, welches kommerziell erhältlich ist, illegal in Filesharingnetzwerken auffindbar.

Es lohnt sich, die Argumentation von Laurence Lessig dazu nachzuverfolgen.

Neuronen, Gehirn, Markram und Martin

16. Mai 2009

Im Gehirn sieht er zum Beispiel eine »ideale Demokratie« verwirklicht: »Jede Nervenzelle ist einzigartig, und ein und dasselbe Signal wird von tausend Nervenzellen auf tausend unterschiedliche Arten verarbeitet. Doch zugleich respektieren sich die Neuronen vollständig und gleichen permanent ihre Interpretationen miteinander ab – ganz anders als eine menschliche Gesellschaft, in der einer sagt, er habe recht und alle anderen unrecht.

So schreibt Ulrich Schnabel in der ZEIT vom 14.5.09 über Henry Markram. Er hätte es auch über Jean-Pol Martin schreiben können. Beiden wollen aus ihren Neuronen ein Gehirn bauen. Markram versucht es mit einem Blue-Gene-Supercomputer, wie er sonst für Genom-Analysen eingesetzt wird. Martin versucht es freilich mit Menschen als „Neuronen„. Ich glaube, dass bei deiden Versuchen Faszinierendes herauskommen wird, auch wenn es ihnen nicht gelingt, ein Gehirn zu simulieren. Martin hat freilich einen Vorzug bei seinem Versuch: bei ihm sind die Gehirne schon in den „Neuronen“ drin.

Lernen durch Lehren an Unternehmen

16. Mai 2009

Lernen durch Lehren und CSpannagels aktives Plenum wird offenbar auch von Unternehmen aufgegriffen. Das werde ich weiter mitverfolgen. Ich danke Herrn Larbig für den Tipp.

Ein Kompendium von Argumenten gegen die Bildungswirksamkeit von Web 2.0

16. Mai 2009

Die neue Wissenskultur ist eine des rasant lernfähigen Dilettantismus, einer hypereffizient flachen Hierarchie der Wissenskommunikation zwischen Blogs und Wikis und Unkonferenzen, auf denen das Publikum mehr zum Thema zu sagen hat als der Referent.

Kürzer, als es Christian Heller hier getan hat, wird man kaum zusammenfassen können, welcher Illusion manche Befürworter von Web 2.0 unterliegen. Der Einzelne schafft sich sein neuronales Netz. Hilfe überflüssig.
Dagegen setze ich Lernen durch Lehren: Erst was man lehren kann, hat man richtig gelernt. Aber dazu muss man Lehren lernen, d.h. man muss lernen, wie man das, was im Netz auf einen einströmt, sinnvoll organisiert.
Dabei kann einem geholfen werden: durch Vorbilder und durch Kommunikation.

Nachtrag vom 16.3.2010:

Diese Kritik an der Illusion bedeutet aber nicht, dass ich die Möglichkeiten von Web 2.0 geringschätzte. Die Gesprächskultur im Internet bietet Diskussionsmöglichkeiten, wie man sie vor Ort nur selten findet.

Nachtrag vom 11.7.:

Vgl. dazu jetzt auch Fontanefan.

Lernen durch Bloggen

15. Mai 2009

Wenn man wie Jean-Pol Martin aus seinem Blog etwas lernen will, ist es sinnvoll, wenn man den Bloglesern einen möglichst guten Einblick in seinen bisherigen Lernprozess gibt.

Das hat Martin mit der Systematisierung seines Blogs als „Vorlesung“ vorbildlich getan. Zugegebenermaßen erleichtert er damit auch seinen Lesern den Zugang zu seinem Gedankengebäude. Er hilft ihnen also beim Lernen.

Aber er braucht sie ja auch für seine „kollektive Wissenskonstruktion“, denn er will ja weiterlernen.

Blogs und seriöser Journalismus eine Alternative?

15. Mai 2009

Stefan Niggemeier schreibt einen eindrucksvollen „Wutmäander“ über den Hochmut der Zeitungsjournalisten gegenüber den Bloggern.

Auch wenn die Zeitungsjournalisten mir ihrer Kritik an Bloggern weitgehend Recht haben, auf Stefan Niggemeier, Robert Basic und selbstverständlich die wachsene Menge der Wissenschaftsblogs trifft sie gewiss nicht zu. Schön sein einleitendes Beispiel dafür, dass „Qualitäts-onlinemedien“ durchaus nicht frei von den Schwächen sind, die sie Bloggern ankreiden.

Auf diesen Blogeintrag passt übrigens vorzüglich die Kritik der Zeitungsjournalisten gegenüber Blogs: Kommentar zum Kommentar.