Archive for August 2009

Asylrecht oder auch nicht

25. August 2009

Artikel 16 und 17 des GrundgesetzesAuf dem Berliner Reichstagsgelände sind die Grundrechtsartikel 1 – 19 ausgestellt. Artikel 16a, der das Asylrecht ganz erheblich einschränkt, freilich fehlt hier.
Will man den Besuchern vormachen, das Asylrecht gälte noch so, wie es 1949 unter dem Eindruck der Judenverfolgung beschlossen wurde? Oder schämt man sich dieses Artikels? Schließlich übersteigt die Abwanderungsquote seit langem die Einwanderungsquote, und Deutschland muss mit einem Bevölkerungsverlust von über 20 Millionen bis 2050 rechnen. Oder was sonst ist der Grund?
Zur Information füge ich den Artikel 16a an (Hervorhebungen von mir):

Art 16a
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

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Deutschland Exportweltmeister

24. August 2009

Seit 1967 ist das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht gesetzlich als Zielgröße für Bund und Länder festgeschrieben (Art. 109 Abs. 2 GG).
Seit Jahrzehnten (Beginn relativ genau auf den Herbst 1989 zu datieren) wird von Managern, FDP und anderen gegen angeblich zu hohe Lohnstückkosten polemisiert, die die Konkurrenzfähigkeit Deutschlands gefährdeten.
Jetzt plötzlich entdeckt die ZEIT (Nr.35, 20.8.09) in ihrem Leitartikel, dass ein außenwirtschaftliches Ungleichgewicht für unsere Volkswirtschaft und für die internationale Wirtschaft gefährlich ist.

Man sollte wohl dankbar sein, dass in der öffentlichen Meinung auch einmal sinnvoll argumentiert wird.
Leider ist allerdings bekannt, dass so etwas kaum zwei Wochen vorhält. Dann kehrt man wieder zum alltäglichen Wahnsinn von Wachstum um jeden Preis (insbesondere erhöhter Krisenanfälligkeit) zurück.
(vgl. dazu neuerdings auch einen Beitrag in ZEIT online aus dem Juli 2010)

 

Nachtrag vom 4.2.13:

Die EU sieht eine Höchstgrenze von 6,0% Außenhandelsüberschuss vor. Deutschland hat 6,4% und wirft anderen Euro-Staaten eine unausgeglichene Handelsbilanz vor.

 

Warum?

18. August 2009

Die deutsche Finanzaufsicht gerät massiv in die Kritik. Nach Informationen von manager-magazin.de hielten Bundesbank und BaFin schon im Frühjahr 2008 eine Pleite der US-Bank Lehman Brothers für möglich. Auch Folgen für die Hypo Real Estate wurden erörtert – warum verhinderten die Kontrolleure das Desaster nicht?

So fragt Spiegel-online.
Die Antwort auf diese Frage fällt mir leicht: Es war politisch nicht erwünscht.
Meine Frage ist eine andere: Warum lassen es die Politiker zu, dass die Banken sofort wieder das neue Desaster vorbereiten? Warum versucht außer der Linken keine einzige Partei, das Thema Kontrolle der Banken in den Wahlkampf einzubringen?
Die nahe liegende Antwort ist ebenfalls: Es ist politisch nicht erwünscht.
Damit stellt sich die neue Frage: Halten inzwischen alle Parteien – außer der Linken – es für unmöglich, dass eine Regierung in unserem System das Funktionieren der Marktwirtschaft sicherstellt?

Atommüll

18. August 2009

In Biblis stehen die verbrauchten Brennelemente von 20 Jahren in Castorbehältern. Die Brennelemente sind 600 Grad heiß und von einer Graphitschichte sowie einer einen halben Meter starken Eisenwand umgeben. Die Außenwand hat noch 40 Grad. Angeblich tritt keine Radioaktivität nach draußen.
Es ist vorgesehen, dass die Behälter noch 40 Jahre in Biblis stehen.

„Sklaven müssen sein, sonst wäre der Zucker zu teuer.“

18. August 2009

Aristoteles hatte die Sklaverei noch anthropologisch begründet: Sklaven sind Menschen ohne eigenen Willen, also brauchen sie Befehle. Montesquieu begründete, wenn wir der Überlieferung trauen dürfen, Sklaverei ökonomisch.
Von heute aus gesehen erkennen wir freilich, dass das, was Montesquieu als Sachzwang ausgab, keiner war. Zu seiner Zeit war Zucker noch ein Luxusgut, trotz Sklaven. Heute müssen wir schon sehr gut aufpassen, wenn wir nicht mehr davon verbrauchen wollen, als uns gut tut.

Der Satz ermöglicht uns aber auch, heutige „Sachzwänge“ zu entlarven:
* Kinderarbeit muss sein, sonst wären Teppiche zu teuer.
* Atomstrom muss sein, sonst wäre Strom zu teuer.
*Biodiesel muss sein, denn Erdöl gibt es nur in beschränkter Menge.
* Wachstum muss sein, denn sonst gibt es Arbeitslosigkeit und die Arbeitslosen verelenden.

Die Entlarvungen in Kurzform:
* Neue Techniken erlauben die Produktion besserer Qualitäten auch mit Maschinen.
* Sonnenenergie, intelligent genutzt, kann billiger werden als Atomstrom.
* Treibstoff lässt sich sparen.
* Ungeheure volkswirtschaftliche Verluste entstehen dadurch, dass Menschen nicht die Unterstützung erfahren, die sie brauchten:

Kinder, um zu lernen; Behinderte, um ihre Fähigkeiten zu entfalten (z.B. der Sänger Quasthoff); Alte und Kranke, um menschenwürdig leben zu können. Für diese Unterstützung braucht man Menschen, Arbeitskräfte. Diese Arbeitsplätze sind noch nicht geschaffen.

Auf in die neue Krise!

17. August 2009

Abschaffung der Klima-Auflagen für Unternehmen, Lockerung des Kündigungsschutzes, keine Mindestlöhne und Steuervergünstigungen für die Industrie. Das ist das Programm, das Wirtschaftsminister zu Guttenberg in seinem Ministerium hat ausarbeiten lassen.
Wenn man wie die Bildzeitung zu Guttenberg unbedingt mit Barrak Obama vergleichen will, so kann das Ergebnis nur lauten: das absolute Gegenprogramm zu Obama: kein Klimaschutz, kein Vertrauen in die Einsatzbereitschaft der Bevölkerung, sondern: Bedient die Industrie, dann werdet ihr auch etwas von ihr zurückbekommen.
Für die Politiker pflegt die Rechnung aufzugehen. Wie viele hochbezahlte Lobbyisten waren vor gar nicht so langer Zeit noch Politiker!
Aber für die Bevölkerung geht die Rechnung nicht auf. Die Ernte aus Politik nach dem Wunsch der Manager haben wir in der Finanzkrise eingefahren. Die Wirtschaftskrise steht uns erst noch bevor!

Frauen in Deutschland und anderswo

8. August 2009

Seit Jahrzehnten bekommen im Schnitt 100 Frauen in Deutschland nur 60-70  Töchter. Das heißt: gegenwärtig reduziert sich jede Frauengeneration um ca. ein Drittel. (Quelle: Statistisches Bundesamt)

Nur 5,4% der deutschen Parlamentarier sind Frauen, dafür 9,45% der Parlamentarier im Irak. In den Niederlanden stellen die Frauen 26% der Parlamentarier, in Island 52,8%, in den USA 3,17%. (Quelle: Frankfurter Rundschau 8.8.09, S34)

Die neuen Asozialen

6. August 2009

Wenn berichtet wird „Es wird wieder Geld verdient“, so sehe ich darin nichts Positives, vielmehr den Beweis, dass die Staaten bei der Bewältigung der Finankrise gescheitert sind.

Wenn Banken Milliarden verdienen, die eben noch durch eine Verschuldung des Staates um hunderte von Milliarden Mark vor der Insolvenz gerettet werden mussten, dann ist etwas schief gelaufen.

Viel schlimmer ist es aber, wenn Manager von Banken die Milliarden an Verlusten gemacht haben, dafür mit Boni in Millionenhöhe belohnt werden.

Ganz konkret: Die Citigroup hat 27,7 Milliarden $ Verlust gemacht. 45 Milliarden $ waren nötig gewesen, dass sie dennoch nicht in Insolvenz geriet. Ihren Managern, die diese Firmenkatatrophe verursacht haben, schüttet die Citigroup 5,3 Milliarden $ an Boni aus.

Andrew Hall von der Citigroup bekommt sogar 100 Millionen $.

Er mag darauf durchaus einen vertraglichen Anspruch haben. Aber wer dem Gemeinwesen einen solchen Schaden zugefügt hat (Was hätte mit 45 Milliarden $ nicht für Bildung und Gesundheit getan werden können!), darf sich dafür nicht fürstlich belohnen lassen. Wenn er das Geld dennoch annimmt, dann stellt er sich damit außerhalb der Gesellschaft.