„Oder ist etwa das Abstellen eines Beatmungsgerätes oder der künstlichen Nahrung nicht ebenso aktiv (und vielleicht sogar weniger barmherzig) wie eine Überdosis Morphium?“ schreibt Küng in „Erlebte Menschlichkeit“ (Erlebte Menschlichkeit. Erinnerungen. Piper, München 2013, ISBN 978-3-492-05601-4.) auf Seite 612.
Ist das ein zulässiges Argument oder nutzt Küng nur aus, dass der Terminus „passive Sterbehilfe“ das Gemeinte nicht ganz treffend wiedergibt?
Wie wichtig Küng die Frage der Sterbehilfe ist, merkt man daran, dass er im Zusammenhang mit der Diskussion darüber sogar schon von Inquisition spricht:
„Man findet in der Frage »aktive« Sterbehilfe kaum Ärzte, die es wagen, ihre Meinung öffentlich zu sagen, wiewohl sie, die gesetzesfreie Grauzone nutzend, oft beim Sterben nach helfen. Eine sehr engagierte praktische Ärztin, mit der ich die Probleme des alltäglichen Sterbens eingehend und einvernehmlich diskutiert hatte, zieht ihre Zusage, an unserer Podiumsdiskussion mit der Justizministerin teilzunehmen, im letzten Moment zurück. Vonseiten der Ärztekammer, ihrer Standesorganisation, war ihr für den Fall ihrer Teilnahme mit der Ab erkennung ihrer ärztlichen Zulassung gedroht worden. Mich erinnert das an den Entzug meiner kirchlichen Lehrbefugnis durch die Inquisition.“ (Erlebte Menschlichkeit. Erinnerungen. Piper, München 2013, ISBN 978-3-492-05601-4, S.615)
Das ist ein starkes Wort. Doch auch ich finde, dass bei der heutigen Hochtechnologie- und Apparatemedizin der hippokratische Eid nicht mehr in jedem Fall eine eindeutige Handlungsanweisung für die Sicherung der Menschenwürde im Sterbeprozess definiert.
Deshalb sollte über diese Fragen offen diskutiert werden dürfen, auch wenn die Diskussionsergebnisse in anderen Ländern für uns angesichts anderer historischer Erfahrungen keine Richtschnur zu sein brauchen.
Ergänzung:
Einer eigenen Reflexion wäre die heutige Meldung aus Belgien wert. (Sterbehilfegesuch eines Sexualstraftäters nach 30 Jahren Haft, der nicht freigelassen werden will) (29.9.14)