Archive for Mai 2020

Fernsehgottesdienste in Coronazeit

25. Mai 2020

Während wir sonst nur selten Fernsehgottesdienste wahrnehmen, haben wir sie jetzt regelmäßig genutzt.

Natürlich erschrickt man etwas über die Vielzahl der Mitarbeiter der Rundfunkanstalt, die dabei beteiligt sind, aber die beteiligten Gemeinden haben aus der Not eine Tugend gemacht. Wenn es keinen Gemeindegesang gibt, dann kann der musikalische Anteil anspruchsvoller sein. In den evangelischen Gottesdiensten sieht man deutlich mehr Frauen als sonst in den Gemeinden. Musikalisch besonders begabte Familien bieten ganz Überdurchschnittliches, und es kommt ein Hauch Kirchentag in den Hausgottesdienst der Coronazeit. Ohne weiteres kann man, wenn man vorher einen Gottesdienst aufgenommen hat, Abendgottesdienst feiern, das Gesangbuch der anderen Konfession studieren, die Bibel herbeiholen.

Freilich, wenn man die Zusammenarbeit der Mitwirkenden erlebt, vermisst man umso mehr die Gemeinschaft in der eigenen Gemeinde, aber man erhält mehr Anregungen als sie eine Gemeinde bieten kann. Freilich weniger Mitwirkungsmöglichkeiten.

Hier noch die Mottos der Gottesdienste im Mai:

03.05.2020
Ingelheim evangelisch
10.05.2020
St. Johann Nepomuk, Wien (Österreich) katholisch
17.05.2020
Ingelheim evangelisch
24.05.2020
Erbach evangelisch
31.05.2020
Hospitalkirche, Bensheim katholisch
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Luthers Tischreden

21. Mai 2020

Wie man der Sünde los werde.

Da einer fragte, wie man ihm doch mit den Sünden thun soll, nicht allein mit den Sünden anderer Leute, sondern vielmehr mit unsern eigenen Sünden, wie man ihrer soll los werden? sprach D. Martin: »Darauf gibt S. Paulus diese Antwort: Wir sollen getrost sein und nur nicht zweifeln, es sei ein Mann, der heiße Jesus Christus, welcher sich selber dafür gegeben hat, Gal. I. (V. 4), nämlich daß unsre Sünden durch sonst kein ander Mittel oder Weise konnten getilget werden, denn daß Gottes Sohn sich selber dafür opfere.

Mit solchen Karthaunen, Nothschlangen, Häuptstücken, Büchsen und gewaltigen Kriegsrüstungen muß das heillose Papstthum gestürmet und allerlei vermeinte Religion, Abgötterei, Werk und Verdienst zu Grunde und Boden gehen und umgekehret werden. Denn wo unsere Sünden durch unser eigene Werk, Verdienst und Genugthuung getilget könnten werden, Lieber, was wäre doch von Nöthen gewest, daß Gottes Sohn sich selber dafür gegeben hätte? Weil er sich aber dafür gegeben hat, werden freilich wir sie mit unsern Werken wohl ungetilget lassen.« […]

Was der freie Wille schaffe.

Doctor Martinus gedachte des trefflichen Mannes D. Staupitzen oft (der in ihrem Orden Provincial und eines großen Ansehens gewest, in der rechten Religion wohl berichtet), was er pflegte vom freien Willen zu sagen; nämlich sagte er: Ich hab mir oft, ja täglich vorgenommen, ich wollt frömmer werden, und derhalben so oftmals gebeichtet und zugesagt, ich wollte mein Leben bessern; aber es war gar ein weite Frömmigkeit und wollt nichts draus werden, noch von Statten gehen, obs wohl mein Ernst war; wie Petro, da er schwur, er wollte sein Leben bei Christo lassen. Ich mag Gott nimmer lügen, ich kanns doch nicht thun, sprach er, ich will eines guten Stündleins erwarten, daß mir Gott mit seiner Gnade begegene, sonst ists verloren. Denn des Menschen Wille macht entweder Vermessenheit oder Verzweifelung, denn der Mensch kann doch dem Gesetz Gottes nicht genug thun!

Und sprach ferner, »daß D. Staupitz oft hätte pflegen zu sagen, daß das Gesetz Gottes zu uns Menschen sagt: Es ist ein großer Berg, du sollt hinüber. So sagt denn das Fleisch und die Vermessenheit: Ich will hinüber. Darauf spreche das Gewissen: Du kannst nicht. So will ichs lassen, antwortet denn Desperatio. Also machet das Gesetz im Menschen entweder Vermessenheit oder Verzweifelung, und muß doch gelehrt und geprediget werden. Predigen wir das Gesetz, so machen wir die Leute verzagt; lehren wirs aber nicht, so machen wir die Leute faul und roh.«

»Ich bekenne und sage auch,« sprach Doctor Martinus, »daß du ein freien Willen habest, die Kühe zu melken, ein Haus zu bauen usw., aber nicht weiter, denn so lang du in Sicherheit und Freiheit sitzest, bist ohn Gefahr und steckest in keinen Nöthen. Da lässest du dich wohl dünken, du habest einen freien Willen, der etwas vermöge. Wenn aber die Noth vorhanden ist, daß weder zu essen, noch zu trinken, weder Vorrath, noch Geld mehr da ist, wo bleibt hie dein freier Wille? Er verlieret sich und kann nicht bestehen, wenns ans Treffen geht. Der Glaube aber allein stehet und suchet Christum.

Darum ist der Glaube viel ein ander Ding denn der freie Wille; ja der freie Wille ist Nichts und der Glaube ist Alles. Lieber, versuche es, bist du keck, und führe es hinaus mit deinem freien Willen, wenn Pestilenz, Krieg, theuere Zeit vorfallen. Zur Pestilenzzeit kannst du vor Furcht nichts beginnen, da gedenkst du: Ah, Herr Gott, wäre ich da oder da! Könntest du dich hundert Meilen Wegs davon wünschen, so fehlets am Willen nicht. In theuerer Zeit gedenkst du: Wo soll ich Essen nehmen? Das sind die großen Thaten, die unser freier Wille ausrichtet, daß er das Herz nicht tröstet, sondern machts je länger je mehr verzagt, daß es sich auch vor einem rauschenden Blatt fürchtet.

Aber dagegen ist der Glaube die Frau Domina und Kaiserin; ob er schon klein und schwach ist, so stehet er dennoch und lässet sich nicht gar zu Tod schrecken. Er hat wohl große gewaltige Stücke für sich, wie man hin und wieder in der heiligen Schrift und an den lieben Jüngern siehet. Wellen, Wind, Meer und allerlei Unglück treiben Alle mit einander zum Tode zu. Wer sollte in solcher Noth und tödtlicher Fahr nicht erschrecken und erblassen? Aber der Glaube, wie schwach er auch ist, hält er doch wie eine Mauer und leget sich wie der kleine David wider Goliath, das ist wider Sünde, Tod und alle Fährlichkeit; sonderlich aber streitet er ritterlich, wenns ein starker vollkommener Glaube ist. Ein schwacher Glaube kämpfet auch wohl, ist aber nicht so keck.«