In der Rede des Bundespräsidenten Wulff zum 3. Oktober 2010 heißt es:
Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland. Vor fast 200 Jahren hat es Johann Wolfgang von Goethe in seinem West-östlichen Divan zum Ausdruck gebracht: „Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen.“
Zunächst klingt das etwas befremdlich. Denn zunächst denkt man bei Deutschland natürlich an etwas anderes. Und was Heine um den Schlaf brachte, wenn er an Deutschland dachte, war gewiss nicht der Islam.
Doch dann fällt einem etwas auf. Natürlich war der Islam traditionell für Deutschland etwas Fernes. Aber inzwischen ist er mit vielen muslimischen Einwanderern mit eingewandert und genießt quasi wie diese das Recht auf deutsche Staatsbürgerschaft.
Wie verhängnisvoll wäre es, wenn wir – wie es immer wieder von Antisemiten geschah – einen wichtigen Teil der deutschen Staatsbürger als „undeutsch“ klassifizieren würden.
Freilich, der jüdische Beitrag zur deutschen Kultur wird auf absehbare Zeit noch wesentlich wichtiger bleiben als der muslimische (Heine, Marx, Freund …). So lange leben noch nicht viele Muslime in Deutschland, dass ihr Beitrag vergleichbar groß sein könnte. Aber wie töricht, ihren Beitrag zu verleugnen.
Man hat beklagt, Wulff habe nichts Neues zu sagen gehabt. Die Reaktionen auf seine Rede zeigen nun aber, dass er sehr wohl an einer wesentlichen Stelle Gedanken angestoßen hat.
Freilich, so wenig jeder Migrant, der zu uns kommt, Caspar David Friedrichs Kreidefelsen von Rügen kennen muss, so wenig braucht man die fünf Säulen des Islam zu kennen, um als Deutscher anerkannt zu werden. Aber darüber nachgedacht haben, wie weit der Islam zu Deutschland gehört, sollte man schon einmal.
Einige Beiträge zur Diskussion des Satzes, vor allem Wolfgang Schäubles Äußerung von 2006: „Der Islam ist Teil Deutschlands und Teil Europas, er ist Teil unserer Gegenwart und er ist Teil unserer Zukunft. Muslime sind in Deutschland willkommen.“ finden sich bei Spiegel online.
Freilich, Schäuble sprach in einer Regierungserklärung im Zusammenhang mit der Islamkonferenz, da rechnete man mit einer solchen Äußerung, Wulff spricht als oberster Repräsentant der Bundesrepublik, und es ist gut, dass der Gedanke nicht nur vom Innenminister ausgesprochen wird.