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Nobelpreis für Liu Xiaobo

9. Oktober 2010

Die Demonstrationen zu Stuttgart 21 und selbst die Art, wie gegen sie vorgegangen wird, zeichnen eine Demokratie gegenüber einem autoritären Regime aus, wie China es gegenwärtig noch hat.
Wer das Vorgehen der Polizei am 30.9.2010 am Stuttgarter Hauptbahnhof katastrophal fand, konnte sich am Tag selbst per Twitter melden und – sofern ein Reporter in der Nähe (und nicht selbst durch Wasserwerfer u.ä. am Aufnehmen des Berichts gehindert) war – sofort an die Presse weitergeben. Wer 1989 in China über das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens empört war und seitdem laut und vernehmlich darüber gesprochen hat, der musste wie Liu Xiaobu mit ständig neuen Gefängnisstrafen rechnen.
Dass er dennoch immer und immer wieder die Regierung kritisiert hat, am medienwirksamsten mit der Charta 08 hat ihm 11 Jahre Gefängnis und jetzt den Friedensnobelpreis eingebracht.
Man kann sich fragen: „Warum erhielt er ihn nicht schon voriges Jahr? Warum nicht noch viel früher?“
Amnesty International setzt sich ständig für viele hundert gewaltlose Kämpfer für Menschenrechte ein, das norwegische Nobelpreiskomitee hat nur einmal im Jahr die Gelegenheit und es will auch ehemalige Terroristen, Generäle, Regierungschefs und Staatsoberhäupter ehren können, wenn sie gewaltlos auf dem Weg zum Frieden sind. Manchmal hilft die Ehrung den Geehrten, manchmal werden sie dennoch gefoltert und getötet.
Es gehört schon viel dazu, Gemeinsamkeiten von Begin und Mandela, Martin Luther King und Kissinger, Aung San Suu Kyi und Arafat usw. zu entdecken. So sehr ich gegen die Ehrung mancher dieser Personen war, inzwischen sehe ich, dass es nicht nur unglaublichen Mut bedarf, als Dissident für Menschenrechte einzustehen, sondern auch für Politiker.
Von Frieden und Menschenrechten zu reden, gehört zum Handwerkszeug von heutigen Politikern. Das ist ein Vorzug gegenüber Hitler, der sprach nur von Frieden. Aber sich trotz aller Zwänge eines Amtes dafür mit aller Kraft einzusetzen, kann für sie den Tod bedeuten (Rabin).
Ich freue mich über die Entscheidung des Nobelpreiskomitees, das in China von den Dissidenten Dynamitpreiskomitee genannt wird, um die Zensur zu umgehen. Und ich habe eingesehen, dass es sinnvoll sein kann, nicht nur die zu ehren, bei denen ich den Grund der Ehrung nachvollziehen kann.
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