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Was ist gemeint mit: Mach dein Leben fertig ?

28. Juli 2017

Es gibt mehrere Möglichkeiten. Eine wäre:

Schließe dein Leben ab im Sinne von mit dem Leben aufräumen, in den Beziehungen Ordnung machen. Christlich gesprochen: Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.  Bestelle dein Haus!

Großartig gestaltet hat das Bach in seiner Kantate 106:

Eine andere Möglichkeit wäre: Dein letztes Stündlein hat geschlagen. Oder wie Wilhelm Tell in Richtung Geßler sagt: „Mach deine Rechnung mit dem Himmel Vogt!“

So unterschiedlich das klingt. Beide Sätze haben etwas gemeinsam.

Dieses Gemeinsame höre ich auch aus dem Satz heraus, den Luther einmal gesagt haben soll:
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“.

Belegt ist der Satz nicht, aber er passt sehr gut zu Luthers Rechtfertigungslehre und ist danach im Grunde gleichbedeutend mit „Bestelle dein Haus.“

Nach Luthers Vorstellung ist der Mensch nämlich durch Gottes Gnade gerechtfertigt und sollte aus Dankbarkeit das tun, wofür er die Fähigkeiten mitbringt (im Sinne von: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert“). Und das gilt natürlich unabhängig davon, ob er damit Erfolg hat. Denn wenn man sich bedankt, macht man das ja,weil man seinen Dank ausdrücken will und nicht, weil man etwas damit erreichen und davon haben will. Also gerade, wenn bald alles zuende ist, will man wenigstens noch seinen Dank ausdrücken.

 

Dazu passt etwas, was ich mit meinem Bruder erlebt habe. 

Er kam in ein Pflegeheim und wollte aus Dankbarkeit für die Pflegerinnen und die Wohngemeinschaft auch etwas beitragen und hat mit einer Pflegerin zusammen ein Unterhaltungsprogramm mit Gedichten gestaltet. Als ihm das zu schwer fiel, hat er (weil alle schwer krank waren) Texte für schwere Stunden zusammengestellt, die sie lesen könnten oder die ihnen die Pflegerinnen vorlesen könnten, wenn sie selbst nicht mehr lesen könnten. 

So konnten wir in seinen letzten Stunden, als er nicht mehr sprechen konnte, ihm die Texte, die er selbst zusammengestellt hatte, vorlesen. Wir wussten zwar nicht, ob er sie noch verstehen konnte, aber wir waren sicher, dass dies Texte waren, die ihm etwas gesagt hatten.

So hat er, als er sonst nichts mehr tun konnte, versucht, etwas für andere zu tun, und damit etwas für sich getan. 

Eine bessere Interpretation für den Satz „Mach dein Leben fertig!“ kenne ich nicht.

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