Posts Tagged ‘Papst’

Andreas Englisch: Franziskus. Zeichen der Hoffnung

6. Juni 2014

Man ahnt, dass der Informant sich wichtig machen will. Und wird trotzdem das Gefühl nicht los, dass er weiß, wovon er spricht.

So schreibt Lucas Wiegelmann unter dem Titel „Die Engel und die dunklen Lords des Vatikan“ in der Welt vom 23.4.14 über das Buch. Er weiß, wovon er spricht, aber er dramatisiert gewaltig und nimmt es mit der Übereinstimmung mit der Wirklichkeit nicht so genau. Das Buch besteht aus einer Reihe von Reportagen, denen man anmerkt, dass sie fern vom Geschehen geschrieben sind, und einer Menge emphatischem Lob für Franziskus wie für Johannes Paul II. und nicht nur für die. Kelvin Felix, der vom Priester zum Erzbischof, dann altershalber wieder zum Priester wurde und dann am 22.2.14 von Papst Franziskus zum Kardinal gemacht wurde, ist für ihn ein Heiliger, weil er bedingungslos und von ganzem Herzen für die Armen eintritt, genauso wie Johannes Paul II. der an einem Schutzbefohlenen von Felix eine Wunderheilung vollbracht habe (S.414/15). Hätte ich mich über Kelvin Felix informiert? Interessierten mich die Wunder, die Johannes Paul II.  amtlich beglaubigt vollbracht hat? Nein. Aber weil mich Papst Franziskus interessiert, erfahre ich darüber, auch über das Hitzekonklave von 1978, wo 110 Kardinäle in den Vatikanischen Museen in notdürftig mit Tüchern verhängten Bettstellen, nur mit Nachttöpfen und Waschschüsseln versehen, hausten, die älteren von ihnen immer kurz vor dem Kollaps. Auch von Emmanuel Milingo, den charismatischen, damals jüngsten Bischof Afrikas hätte ich nichts erfahren, der mit 71 Jahren Unterstützer der Vereinigungskirche wurde und die koreanische Ärztin Maria Sung heiratete. Das Buch liest sich gut. Man darf sich nur nicht zu genau merken, was darin steht. Das, was man erinnert, wird dann ungenau genug sein, dass es der Realität nicht widerspricht. Überzeugend wirkt Englisch nicht, aber durchweg interessant. Wer läse schon gern 428 Seiten Lexikoneintrag?

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Papst Franziskus

1. Juni 2014

Es lohnt sich, die Fassungen des Wikipediaartikels über Jorge Mario Bergoglio, den heutigen Papst Franziskus, vom 9.3.2013 und den aktuellen Artikel miteinander zu vergleichen. Die Fassung vom 9.3.13 ist bestimmt von Mitteilungen über seine Karriere als Mitglied des Jesuitenordens und Bischofs. Eine nicht unwichtige Rolle spielen naturgemäß Bemerkungen zu seinem Verhältnis zur argentinischen Militärdiktatur. So heißt es da:

Bergoglio wurde verschiedentlich eine zu große Nähe zur Militärdiktatur 1976–1983 vorgeworfen, die ca. 30.000 als „subversiv“ eingestufte Personen entführen und ermorden ließ. Der Menschenrechtsanwalt Marcelo Perrilli warf dem in Argentinien als „Kardinal der Armen“ verehrten Bergoglio 2005 vor, in dasVerschwindenlassen der Jesuiten Franz Jalics und Orlando Yorio im Jahr 1976 verwickelt gewesen zu sein. Perrilli erstattete deshalb Anzeige gegen Bergoglio bei einem Gericht in Buenos Aires. Ein Sprecher des Kardinals bezeichnete die Anzeige als Verleumdung.[2] Nachdem sie wieder freigekommen waren, sagten Jalics und Yorio gegenüber dem Ordensgeneral Pedro Arrupe in Rom aus, sie seien von Bergoglio denunziert worden. Noch während die beiden Priester verschwunden waren, hatte Bergoglio Arrupe brieflich mitgeteilt, Jalics und Yorio seien aus dem Jesuitenorden ausgeschlossen worden.[3]

Während der Militärdiktatur kam es zu weiteren Entführungen und Misshandlungen von Seminaristen, Mitarbeitern des Colegio Máximo San José und politischen Aktivisten in San Miguel, einige davon unter Beteiligung des Jesuitenpaters Martín González. Betroffene und Zeitzeugen sind der Ansicht, dies hätte nicht ohne das Wissen Bergoglios geschehen können, der während seiner Amtszeit als Ordensprovinzial seinen Sitz im Colegio Máximo hatte.[4]

2010 erklärte der ehemalige Jesuit Miguel Ignacio Mom Debussy, der Bergoglio als Chauffeur gedient hatte, dieser habe sich während der Diktatur mehrfach mit dem Juntamitglied Emilio Masseragetroffen. Bergoglio habe gesagt, es sei ihm bei den Treffen darum gegangen, den Jesuitenorden und seine Novizen zu schützen. Bergoglio habe „nicht ablehnend“ über Masseras politische Pläne gesprochen.[4] 

(http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franziskus_(Papst)&oldid=115184270)

Die aktuelle Fassung enthält dazu u.a.:

Die Argentinische Militärdiktatur (1976–1983) ließ im „Schmutzigen Krieg“ bis zu 30.000 mutmaßlich oppositionelle Argentinier von Todesschwadronen entführen, foltern und ermorden und raubte Müttern unter den Opfern bis zu 500 in der Haft geborene Kinder. Bergoglio war als damaliger Leiter des Jesuitenordens nicht für kirchliche Stellungnahmen zuständig, aber zum Schutz der Ordensmitglieder verpflichtet. Sein Verhalten wird bis heute diskutiert.[16] […]

1974 erlaubte Bergoglio den Jesuitenpriestern Franz Jalics und Orlando Yorio, einem Mitglied der „Bewegung der Priester für die Dritte Welt[17], im größten Elendsviertel von Buenos Aires Boja Flores zu arbeiten.[18] Nationalkonservative Ordensbrüder lehnten diese Arbeit ab.[19] Im Februar 1976 forderte der Generalobere der Jesuiten Pedro Arrupe die beiden Priester auf, ihre Arbeit im Slum zu beenden. Daraufhin beantragten sie nach Rücksprache mit Bergoglio erfolglos ihre Versetzung in ein anderes Bistum.[20]

Am 23. Mai 1976 entführten Marinesoldaten Yorio und Jalics neben weiteren Jesuiten in die Escuela de Mecánica de la Armada (ESMA)[21], die Admiral Massera in ein Folter-Zentrum hatte umwandeln lassen.[22] Dort wurden sie fünf Tage lang verhört und gefoltert, weil sie als Mitglieder oder Kontaktpersonen der Montoneros betrachtet wurden. Danach wurden sie fünf Monate lang angekettet mit verbundenen Augen gefangen gehalten. Im Oktober 1976 kamen sie frei.[23] Danach verließen sie Argentinien und versuchten, die Ursachen ihrer Folterhaft herauszufinden.

Seit November 1977 warfen sie Bergoglio vor, er habe ihre Haft verschuldet, indem er ihnen den Schutz der Kirche entzogen oder sie sogar selbst beim Militär angezeigt habe. Er habe Yorio am 20. Mai 1976 aus dem Jesuitenorden ausgeschlossen, dies ihnen aber damals nicht mitgeteilt; erst im Juni 1977 hätten sie dies vom Vizegeneraloberen der Jesuiten, Pater Moura, erfahren.[24] Ferner habe er ihr Leben gefährdende Gerüchte im Jesuitenorden, sie gehörten zur Guerilla,[9] nicht unterbunden und dem Militär dann ihre Unschuld nicht bezeugt, obwohl er dies Jalics im Dezember 1975 versprochen habe. […]

1978 legten Jalics und Yorio Arrupe Dokumente vor, die beweisen sollten, dass Bergoglio sie 1976 beim Militär als Terroristen denunziert habe. 1994 schrieb Jalics, er habe diese Dokumente 1980 verbrannt, weil er keine Aufklärung im Jesuitenorden erreicht habe und das Vergangene verzeihen wollte. Vier Jahre später habe er sich in Rom mit dem Generaloberen ausgesprochen und dann das Vorgefallene endgültig verziehen. Verantwortlich für die Verleumdungen sei ein ihm bekannter „Mann“ gewesen.[27] Nach Angaben seiner Familie meinte er Bergoglio, den er privat mehrfach beschuldigt habe.[28]

(Seite „Franziskus (Papst)“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 30. Mai 2014, 22:04 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Franziskus_(Papst)&oldid=130891674 (Abgerufen: 1. Juni 2014, 05:19 UTC))

Man merkt, dass Bergoglio inzwischen bekannter geworden und die Wikipediaautoren mehr recherchiert und veröffentlicht haben.

Doch welche Fülle von Mitteilungen sind über die Zeit nach seiner Wahl hinzugekommen! Das neue Amt hat eine Fülle zusätzlicher Wirkungsmöglichkeiten eröffnet.

Als Leser von Hans Küngs Autobiographie frage ich mich, wie er wohl nach dem Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis über die Frage nachgedacht hat, ob er nicht doch eine Kirchenkarriere hätte einschlagen sollen, und was er wohl – nach seiner gewaltigen Leistung der Beförderung eines Weltethos – jetzt im Blick auf die Aufgaben und Leistungen von Papst Franziskus darüber denkt.

Johannes Paul II. und Gott im Gespräch

31. Mai 2014

Johannes Paul II. fragt: „Wird zu meinen Lebzeiten das Zölibat abgeschafft?“

Gott: „Nein.“

Johannes Paul II. fragt: „Wird zu meinen Lebzeiten  die Frauenordination eingeführt?“

Gott: „Nein.“

Johannes Paul II. fragt: „Wird es noch einmal einen polnischen Papst geben?“

Gott: „Zu meinen Lebzeiten nein!“

(nach Küng: Erlebte Menschlichkeit, S.340)

Papst Benedikt XVI. und die Holocaustleugnung

7. Februar 2009

Benedikt XVI. ist m.E. zu Unrecht angegriffen worden, weil er Richard Williamson, der für seine Holocaustleugnung bekannt geworden ist, wieder in die katholische Kirche aufgenommen hat. Agitatorische Holocaustleugnung ist zu recht ein Straftatbestand. Fünf Jahre Freiheitsstrafe sind für schwere Fälle vorgesehen. Aber das heißt nicht, dass die katholische Kirche alle Holocaustleugner ausschließen müsste. Die Kirche ist für die Sünder da, die Lehre Jesu  hat als Zentrum, dass der verlorene Sohn vom Vater nicht verworfen wird. Die Kirche würde den Auftrag Jesu verleugnen, wenn sie Verbrecher ausschlösse.

Dagegen verstehe ich, dass die katholische Kirche keine bekennenden Protestanten oder Muslime in ihrer Gemeinschaft dulden kann, sonst verlöre sie ihre Identität.

Freilich im Konflikt zwischen Unangepassten  wie Hans Küng oder Eugen Drewermann und der Kurie stand ich immer auf der Seite der Unangepassten. Das gilt freilich nicht für den Fall der Pius-Brüderschaft und Marcel Lefebvre. Dass die Exkommunikation der Pius-Brüderschaft zurückgenommen wurde, entfernt die katholische Kirche noch weiter von mir, weil sie damit hinter das zweite Vatikanische Konzil zurückzufallen droht. Aber dass die Kirche Verbrecher in ihren Reihen duldet, das ist meiner Meinung nach eine notwendige Voraussetzung dafür, dass sie als christlich gelten kann.

Etwas ganz anderes ist es, dass  Benedikts Entscheidung so deuten könnte, dass einer der einflussreichsten Deutschen Holocaustleugnung für tolerabel ansähe. Er hätte von Anfang an klarstellen müssen, das das keinesfalls der Fall ist. Die Signale, die dazu aus der Kurie kommen, sind mir ganz erheblich zu schwach.

Unfehlbarkeit des Papstes

24. September 2008

Die Unfehlbarkeit des Papstes, wenn er ex cathedra spricht, wurde vom 1. Vatikanischen Konzil 1870 aus der besonders bedrängten Situation (vgl. Kulturkampf) Papst Pius XI. als Dogma der katholischen Kirche verkündet. „Der Widerstand gegen diese in Schrift und Tradition nicht begründbaren Glaubensgrundsätze und die Exkommunikation der Gegner dieser Entscheidung waren“ so altkatholisch zu Recht in seinem Blogbeitrag vom 18.7.  „der Anlass für die Entstehung der Alt-Katholischen Kirche.“ Von den Protestanten wird sie als wesentliches Hindernis für eine Vereinigung von Katholiken und Protestanten gesehen.
Der Gedanke der Unfehlbarkeit des Papstes wurde zuerst von Petrus Olivi ( gest. 1298) vertreten, doch bemerkenswerterweise wurde diese Lehre 1324 von einem Papst, nämlich Johannes XXII., als Häresie verurteilt. Als das galt sie auch, bis 1870 Pius XI. sie zum Dogma machte.
(vgl. Hans Küng: Umstrittene Wahrheit, S.236)