Ich lese gerade in Ludger Vollmer „Die Grünen“ und staune über die Rolle, die die „unabhängige Linke“ seiner Beobachtung nach – von mir unbemerkt – gespielt hat. Erfreut lese ich, wie viel er dem Einfluss der Frauen in der Anfangsphase der Partei zuschreibt. Petra Kelly wird von ihm nicht als hoffnungslos romantisch-unpolitisch abgetan. Die Bedeutung der Quote feiert er. Und er besinnt sich an einen Vorgang, den ich anders erlebt habe: den Untergang der Partei.
So musste die Partei erst untergehen und neu entstehen, bis der sozialökologische Gesellschaftsvertrag, der „ökologische New Deal“ zur grünen Leitidee der 90-er Jahre werden konnte. (S.249)
Wieder in die Hand genommen: Thomas Schmid: „Über die Schwierigkeiten der Grünen, in Gesellschaft zu leben und zu denken“ in Nr.15 von „Der Freibeuter“ erschienen und 1983 in zum nachdenken, dem Informationsdienst der HLZ, wieder abgedruckt.
… immerhin ist die Bundesrepublik das erste Land der westlichen Hemisphäre […], in dem eine fundamentale Opposition, die alternativ, ökologisch und links ist […] bis unmittelbar vor die Türen der Macht gedrungen ist, […] ohne daß es auch nur Anzeichen von Bürgerkrieg gäbe. (S.13)
So urteilt er, nachdem er zunächst den Blick von außen auf die „seltsame Melange aus Waldschraten und Politprofis“, die mit „gequälter, unlustiger Lust am Chaos“ auf Parteitagen ganz besondes kleine Brötchen bäckt: „grau, pappig und ungenießbar“ gerichtet hat.
(S.3)
Wie haben sich die Grünen geändert! Und doch haben sie so manches bewahrt.
Zwei Parteigründungen weiter fragen wir uns: Was wird aus der Linken und den Piraten werden? Wann werden sie koalitionsfähig mit Union und FDP?
Nachtrag vom 9.3.2010:
Volmer hat sich vorgenommen, „die grüne Geschichte umzuschreiben“ (S.296). Er verweist darauf, entgegen der öffentlichen Wahrnehmung seien sie nicht in zwei Hauptblöcke Fundis und Realos zerfallen, sondern diese seien über große Strecken in der Minderheit gewesen. Nur deshalb sei es ihm wiederholt gelungen, die Spaltung der Grünen zu verhindern. (Besonders wichtig sei sein Eingreifen auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Hagen 1990 gewesen (S.295). 1991 in Neumünster habe er dann um der Parteieinheit willen auf die Durchsetzung eines mehrheitsfähigen Beschlusses verzichtet, um die Realos einzubinden (S.308). Und nach dem Tod von Petra Kelly hätten dann Joschka Fischer und er zusammengefunden, um „den wiedereinzug in den Bundestag zu organisieren“ (S.318).