Posts Tagged ‘Stuttgart 21’

Schlichtung zu Stuttgart 21

23. Oktober 2010

Live stream der Schlichtungsgespräche in Phoenix.
ZEIT über die Schlichtung
Schlichtung aus Sicht der FR
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Pamer über die Schlichtungsgespräche mit Heiner Geißler vom 22.10.10: „In 10 Jahren ist in der parlamentarischen Diskussion nicht soviel auf den Tisch gekommen wie heute an einem Tag.“
Die Schlichtung aus Sicht eines Beteiligten an der Mediation zum Frankfurter Flughafen
Ein interessantes Experiment ist diese Schlichtung gewiss. Freilich enthält der Prozess auch einige Risiken.
(Der Artikel wird fortgesetzt)

Werbung

Schützt Recht und Demokratie!

7. Oktober 2010

„Legitimation durch Verfahren“ so charakterisiert Niklas Luhmann scheinbar rein technokratisch die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik.
Stuttgart 21 hat genügend Verfahren gehabt. Nur hat sich darüber die Zeit geändert.
Es fehlt das Vertrauen in eine Planung von vor 17 Jahren, von der einer der Hauptplaner längst abgerückt ist. Dies Vertrauen gewinnt man nicht mit Wasserwerfern.
Es muss aber zurückgewonnen werden, wenn demokratische Verfahren nicht entlegitimiert werden sollen und wenn man die friedenstiftende Kraft des Rechts bewahren will. So ähnlich findet man es in dem sehr guten Leitartikel von Heinrich Wefing (ZEIT vom 7.10.10), den ich hier leider nicht verlinken kann.
Freilich habe ich aber Ähnliches schon mal formuliert.
Chronik:
Probleme mit der Schlichtung

Die Torheit der Regierenden

1. Oktober 2010

Am Stuttgarter Hauptbahnhof wurde eine Schlacht für Politikverdrossenheit geschlagen.
Es sollte demonstriert werden. Gegen die Staatsmacht helfen keine friedlichen Proteste. Dafür ist es zu spät.
Mag sein, dass dieser Hinweis gar nicht an die Stuttgarter Schüler gerichtet war, sondern an die Hartz IV-Empfänger, denen der Kragen zu platzen droht, an die große Mehrheit der Pro-Atomausstieg-Demonstranten, an die Gegner der Kopfpauschale und die Befürworter des Solidarsystems.
Die Aussage ist aber klar: Es geht nicht um eine Aushandlung darüber, was das Gemeinwohl erfordert, sondern um Schaffung von Tatsachen, die politische Alternativen ausschließen. (Wie oft schon haben wir gehört, dass die schwarz-gelbe Strategie alternativlos sei.)

Ich habe Verständnis dafür, wenn Fachleute, die einen 16 Jahre dauernden Weg durch die Instanzen mitverfolgt haben, nun, da alle – scheinbar nur – bürokratischen Schritte gegangen sind, endlich zum Handeln kommen wollen.
Ich sehe aber eine große Gefahr darin, wenn eine Gesellschaft – wie ein kurzfristig am Shareholder Value orientiertes Unternehmen – Wachstum um jeden Preis weiter verfolgt, obwohl schon abzusehen ist, dass die alten Industrieländer nur noch über innovative Lösungen konkurrenzfähig bleiben können.
Den Titel des Exportweltmeisters gegen China verteidigen zu wollen, wäre Rückfall ins 20. Jahrhundert. Es gilt, die Marktnischen zu finden, die der Koloss China bei seiner Aufholstrategie nicht besetzen kann.
Für die heutige Bundesrepublik ist ein Festhalten am Gigantismus überholt, und ein Kampf gegen die eigene Bevölkerung, wie ihn China 1989 am Platz des himmlischen Friedens geführt hat, wäre heute selbst für China eine überholte Strategie.
„Die gesamte Geschichte, unabhängig von Zeit und Ort, durchzieht das Phänomen, daß Regierungen und Regierende eine Politik betreiben, die den eigenen Interessen zuwiderläuft“, sagt Barbara Tuchmann in ihrem Werk „Die Torheit der Regierenden“.

Es steht zu hoffen, dass die, die gestern noch die Polizei zu ihrem Büttel gemacht haben, ihre eigenen Interessen erkennen. Das gilt nicht nur für die Regierungen in Stuttgart und Berlin, sondern auch für die Manager multinationaler Konzerne in Europa und Nordamerika.
Rund 10 Milliarden DM betrugen die in den Sand gesetzten Investitionen in die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf. Das Festhalten an überholten Verkehrs- und Energiekonzepten würde die Konzerne weit teurer kommen und sie gewiss ihre Konkurrenzfähigkeit kosten.
Vielleicht gibt es freilich auch Manager, die wirklich Stuttart 21 für ein Mittel zur Verdrängung des Lkw-Verkehrs von den Autobahnen und als Ersatz für Inlandsflüge ansehen und die Verlängerung von Kernkraftwerkslaufzeiten für den schnellsten Weg in die alternativen Energien. Die wären freilich wohl kaum noch von tragischer Blindheit geschlagen, sondern eher schon Teil eines komischen Satyrspiels.

Was bei der Demonstration von Seiten der – zum Teil vermummten – Polizei geschah, war freilich nicht sonderlich komisch. (vgl. Spiegel online und das Diskussionsforum zu diesem Bericht)
Graphiken zu den geplanten Änderungen
Offizielle Darstellung zum Tunnelbau
Wirkung der Wasserwerfer

Der Kommentar von Stephan Hebel in der FR gefällt mir gut (vgl. auch die Leserkommentare). Sein Urteil ist auch besser abgesichert als meines, da er darauf verzichtet, die Interessen der multinationalen Konzerne zu bestimmen. (Was diese Interessen sind, ist für jemanden, der nicht im Topmanagement ist, schwer zu bestimmen. Ich denke aber doch, dass langfristige Konkurrenzfähigkeit das Hauptinteresse ist.)
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Pamer über die Schlichtungsgespräche mit Heiner Geißler vom 22.10.10: „In 10 Jahren ist in der parlamentarischen Diskussion nicht soviel auf den Tisch gekommen wie heute an einem Tag.“
Live stream der Schlichtungsgespräche in Phoenix.
ZEIT über die Schlichtung

Update zu früheren Artikeln

11. September 2010

Bundespräsidialamt handelte höhere Pension für Sarrazin aus, um die rechtlichen Probleme einer Entfernung aus dem Bundesbankvorstand zu umgehen.

Stuttgart 21 führt ohne Volksabstimmung zu 10 Jahren aufreibender Konflikte, meint Eppler.
Es gibt intelligente Instrumente der Bürgerbeteiligung, die hier eingesetzt werden sollten, heißt es im ZEIT-Blog von Andrea Römmele.

„Nicht Sauerland, sondern seine Kritiker sind schuld!“

7. September 2010

Die Kritik der Sicherheitsexperten am Konzept der Loveparade in Duisburg war schuld an den 21 Toten und Hunderten von Verletzten. Zu diesem klaren Ergebnis kommt man, wenn man der Argumentation des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Mappus zu Stuttgart 21 folgt.

Wenn die Kritiker des Konzepts einen Baustopp forderten, statt sich auf Gespräche während des Abrisses und des dann folgenden Neubaus einzulassen, so seien sie an dem, was dann entstünde, selbst schuld.

Wenn sich nun in Stuttgart die Katastrophe vom Einsturz des Kölner Stadtarchivs in größerem Maßstab wiederholen sollte, so weiß er jetzt schon die Schuldigen und hat sich ein Alibi geschrieben.

Doch mit dieser Logik wird Sauerland nicht durchkommen und Mappus auch nicht.