Friedrich Schleiermacher legt in diesem in die Erzählung einer Weihnachtsfeier eingekleideten Lehrgespräch seine romantische Auffassung von Religion und Religionsausübung dar.
Bei der Bescherung wird das Spiel gespielt, dass die Beschenkten raten sollen, von wem sie das Geschenk erhalten haben. Frauen und Mädchen finden mit großer Sicherheit heraus, die Männer aber raten oft falsch. Das erklärt sich Leonhardt mit folgenden Worten:
„Denn wie ihre Gaben weit mehr als die unsrigen durch ihre Bedeutung die feinste Aufmerksamkeit verrathen und wir diese schöne Frucht ihres Talents genießen: so müssen wir uns auch jene andere Wirkung desselben gefallen lassen, wiewol sie uns etwas in den Schatten stellt.“
Eduard sagt über Musik und Religion:
„Denn jedes schöne Gefühl tritt nur dann recht vollständig hervor, wenn wir den Ton dafür gefunden haben; nicht das Wort, dies kann immer nur mittelbarer Ausdruck sein, nur ein plastisches Element, wenn ich so sagen darf, sondern den Ton im eigentlichen Sinne. Und gerade dem religiösen Gefühl ist die Musik am nächsten verwandt.“
Ernst meint dazu, „daß nur auf dem religiösen Gebiet die Musik ihre Vollendung erlangt. […] eine ernste Oper aber kann man doch kaum machen, ohne eine religiöse Basis“
Eduard ergänzt, „dass die Kirchenmusik nicht des Gesanges, wol aber der bestimmten Worte entbehren könnte. Ein Miserere, ein Gloria, ein Requiem, wozu sollen ihm die einzelnen Worte? Es ist verständlich durch seinen Charakter und leidet keine wesentliche Veränderung, wenn die Worte mit anderen ähnlichen Inhalts, so sie nur eben so sangbar sind und der Musik gemäß gegliedert, in derselben oder einer andern Sprache vertauscht werden; ja Niemand wird sagen, es sei ihm etwas Großes entgangen, wenn er die unterlegten Worte auch gar nicht vernommen hat. Darum müssen beide fest aneinanderhalten, Christentum und Musik, weil beide einander verklären und erheben. Wie Jesus vom Chor der Engel empfangen ward, so begleiten wir ihn mit Tönen und Gesang bis zum großen Halleluja der Himmelfahrt; und eine Musik wie Händel’s „Messias“ ist mir gleichsam eine compendiöse Verkündung des gesammten Christentums.“
Friedrich Schleiermacher: Die Weihnachtsfeier, 1806
Diese romantische Relgionsauffassung ist auch die Basis für Richard Wagners Versuch der Schaffung einer Kunstreligion, wie er sie in der Nibelungentetralogie schafft, in der die Götterdämmerung mit dem Untergang der Götter die Voraussetzung für eine Religion ohne Götter schafft.
Rüdiger Safranski verweist darauf, dass Friedrich Nietzsche gerade diesen Versuch an Wagner schätzte und empört war, als Wagner mit dem Parzifal zur Basis einer Erlösungsreligion zurückkehrte. Interessant nun, dass Adorno 1952 Thomas Mann gegenüber betonte, dass dieser mit seiner Kunstauffassung über Nietzsche und Wagner hinausgekommen sei.